Interessantes Urteil des OLG Köln (AZ 7 U 29/15) zu Baumkontrolle, eingehenden Untersuchungen und der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf ein privates Unternehmen.
Eine Robinie wurde bei einem Orkan entwurzelt und stürzte vor ein Wohnhaus auf das Auto der Klägerin. Es ist ein Totalschaden von rund 4500 Euro entstanden, wobei die Versicherung einen Großteil übernahm. Die Klägerin wollte nun noch etwa 1200 Euro.
Klage abgewiesen
Das Kölner Landgericht hatte vorher die Klage abgewiesen (AZ 5 O 372/14). Die Klägerin behauptete, dass eine Faulstelle im Wurzelraum ursächlich für den Sturz gewesen sei. Die Beklagte führte den Umsturz auf die hohe Windstärke zurück. Der Baum war fünf Monate vorher kontrolliert worden. Schäden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten, haben nicht vorgelegen.
Der von der Klägerin beauftrage Gutachter bestätigte eine Fäulnis im Wurzelbereich. Das Gericht zweifelte, ob diese von außen erkennbar war. Der Sachverständige machte dazu keine Angaben.
Im Urteil wurde der Unfall auf höhere Gewalt zurück geführt und die Klage abgewiesen. Damit bestätigte das Gericht die ursprüngliche Auffassung, dass bei Sturm jeder Baum, also auch gesunde, umstürzen können. Zudem gibt es Schäden bei Bäumen, wie etwa eine Fäulnis im unterirdischen Bereich, die bei der visuellen Baumkontrolle nicht erkennbar sein können.
Gegenteiliges Urteil des OLG
Das Oberlandesgericht sah dies anders. Zum einen entschied das Gericht, dass die Beklagte als öffentlicher Auftraggeber auch dann haftungsrechtlich belangt werden kann, wenn sie die Baumkontrollen an ein privates Unternehmen vergibt.
Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellte fest, „dass im Bereich der von ihm festgestellten Stammabflachung, der rinnenförmigen Einbuchtung im Stammbereich (sog. „Tot-Streifen“) und im Bereich der Wurzelanläufe Holzbeeinträchtigungen bereits zum Zeitpunkt der Baumkontrolle […] bestanden haben müssen“ (Urteil des OLG Köln (AZ 7 U 29/15)). [Den Begriff „Tot-Streifen“ habe ich bisher weder im Studium noch in irgendwelchen Büchern oder Fachvorträgen gelesen/gehört.] Zudem stellte er Fäulen im Wurzelstock fest, die zum Beispiel bei der Baumkontrolle mit Hilfe eines Spatels entdeckt worden wären.
Eingehende Untersuchung
Aufgrund dieser „zahlreichen visuellen Anzeichen einer Schädigung des Baumes“ (AZ 7 U 29/15) hätte die Robinie weiter untersucht werden müssen, z.B. mit Schalltomographie oder einem Zugversuch. Der Sachverständige hätte die zweite Option bevorzugt.
Der Sturz des Baumes wurde laut Gericht „kausal durch das Unterlassen der Durchführung weiterer Untersuchungen und nicht allein durch die herrschenden orkanartigen Windverhältnisse (bis Windstärke 12) verursacht“ (AZ 7 U 29/15).
Zwar konnte der Sachverständige natürlich keine Aussage mehr zum Ergebnis eines Zugversuchs machen, der Baum sei dabei allerdings bei Windstärke 12 nicht mehr standsicher gewesen.
Bei Durchführung eines Zugversuchs hätten aufgrund des Ergebnisses baumpflegerische Maßnahmen mit Reduzierung des Kronenvolumens oder eine Fällung durchgeführt werden müssen. Der Baum wäre dann nicht umgestürzt. Die Beklagte ist somit zu Schadensersatz verpflichtet.
Zu den Urteilen: Landgericht Köln, 5 O 372/14, Oberlandesgericht Köln, 7 U 29/15