Wenn ein Baum schnell verschwinden soll oder muss, heißt es oft, dass „Gefahr im Verzug“ sei. Bei Wikipedia steht als Definition:
Gefahr im Verzug (GiV) ist ein Begriff aus dem Verfahrensrecht. Er bezeichnet eine Sachlage, bei der ein Schaden eintreten würde oder ein Beweismittel verloren ginge, wenn nicht an Stelle der zuständigen Behörde oder Person eine andere Behörde oder Person tätig wird. [ref]http://de.wikipedia.org/wiki/Gefahr_im_Verzug[/ref]
Der Begriff dürfte also bei Bäumen rechtlich gesehen nicht angemessen ist.
Wenn bei Bäumen von „Gefahr im Verzug“ die Rede ist, wird damit gemeint, dass sofortiger Handlungsbedarf besteht, da es sonst zu einem Schadensfall kommt oder kommen wird. Auch das ist wohl rechtlich betrachtet nicht ganz korrekt [ref]http://www.baumzentrum.de/wp-content/uploads/2013/11/Umsetzungspriorit%C3%A4ten-bei-Baumpflegema%C3%9Fnahmen-Hilsberg.pdf[/ref]. Eine Genehmigung für eine Fällung oder eine Abstimmung mit anderen Personen oder Behörden ist bei einer solchen Dringlichkeit nicht mehr möglich.
Welche Schäden können das sein, bei denen eine sofortige Maßnahme notwendig ist?
Schadsymptome, die sofortiges Handeln erfordern
- Schrägstand
Der Baum steht schief, der Schiefstand ist erst kürzlich aufgetreten. Der Baum würde bei einem Umsturz Personen oder Sachen gefährden. - Bodenrisse
Vom Stamm weg gehende konzentrische Risse im Boden können auf einen kürzlich aufgetretenen Wurzelschaden hindeuten. Weitere Wurzeln könnten versagen und der Baum dadurch umstürzen. - Zwiesel
Ein frischer Riss an einer Vergabelung kann auf ein bevorstehendes Auseinanderbrechen der Stämmlinge hindeuten. Evtl. kann dem Schaden aber durch den Einbau einer Kronensicherung begegnet werden. - Angehobener Wurzelteller
Der Baum könnte durch Wind oder dem Versagen weiterer Wurzeln umkippen. - Astabbruch
ab- oder angebrochene Äste oder Äste mit Rissen könnten herabstürzen
Es gibt also vergleichsweise wenige Symptome, bei denen wirklich „Gefahr im Verzug“ bzw. sofortiges Handeln notwendig ist. Wenn diese sogar schon länger existieren, ist nicht mit einer akuten Gefahr zu rechnen. Je nach Situation kann aber schneller Handlungsbedarf oder ein Absperren des Gefahrenbereiches anzuraten sein. Die beispielhaft genannten Schäden treten nur selten bei der normalen Baumkontrolle als Regelkontrolle auf. Vielmehr ist mit ihnen nach extremen Ereignissen wie Sturm zu rechnen. Hier kann dann auch eine zusätzliche Kontrolle nötig sein.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass solche Situationen fast nie vorkommen. Bäume mit sofortigem Handlungsbedarf treten sehr selten auf, hohe Dringlichkeit hingegen häufiger.
Wie sind Ihre Erfahrungen aus der Praxis? Wie häufig kommt es tatsächlich vor, dass Bäume ohne Verzögerung gefällt werden müssen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.
Genau das frage ich mich auch… gerade in Hinsicht auf die Fällungsaktionen bzgl. Asiatischer Laubholzbockkäfer, welche gerade an einigen Stellen wieder stattfinden…
Es wird mit „Gefahr in Verzug“ argumentiert, dass Privatleute in ihren Privatgärten Bäume fällen müssen … wohlgemerkt Bäume, denen höchstwahrscheinlich gar nichts fehlt, pumperlgesund. Maximal könnte sich dort eine Larve aufhalten, die eventuell lebensfähig ist und nicht vom Specht gefressen wird – ein Grund für unsere Behörden, diesen Fall als Gefahr für die heimische Landschaft zu benutzen. Es ist definitiv keine direkte Gefahr in Verzug – und das wird noch juristische Folgen haben – hoffe ich!