Schalltomographie

Untersuchung einer Eiche mit gerissenem Zwiesel

Am Rande eines Privatgrundstücks im Landkreis Augsburg wächst eine etwa zwanzig Meter hohe Eiche (Quercus robur). In etwa 2,20 Meter Höhe zweigen mehrere Stämmlinge ab. Vermutlich durch ein bereits länger zurückliegendes Sturmereignis ist dort ein Riss entstanden. Dieser ist zwar stellenweise überwallt, weist aber eine große Höhlung auf. Der Riss setzt sich weiter in den unteren Stammbereich fort, dort ist auch Ausfluss zu erkennen.

In der Krone hat der Baum vereinzelte tote Äste, Astungswunden und Verletzungen. Eine Kronensicherung ist bereits eingebaut. Die Vitalität kann als gut eingestuft werden.

Schalltomographie Schalltomographie

Zur Feststellung der Ausdehnung der Höhlung wurde zunächst eine Schalltomographie zwischen den ersten Stämmlingen in etwa 2,20 Meter Höhe durchgeführt. Der gerissene Zwiesel befindet sich zwischen den Sensoren 1 und 2 sowie 7 und 8. Die zweite Tomographie fand in ca. 1,30 m Höhe statt. In diesem Bereich wurde der Hohlklang durch den Schonhammer allmählich geringer. Der Riss befindet sich zwischen den Sensoren 7 und 8.

In der ersten Messebene sind 84% des Holzes faul oder hohl, in der Ebene 2 77%. Da sich die
Höhlung und Fäule bis weit in den unteren Stammbereich ausgebreitet haben, ist der Baum
derzeit nicht stand- und bruchsicher. Eine Entnahme des Gehölzes sollte aber unter anderem aus
ökologischen Gründen (Natur- und Artenschutz), wegen der Ästhetik und wegen der negativen
Beeinflussung der umstehenden Bäume (Freistellung) nicht durchgeführt werden. Zumindest der
obere Bereich der Höhlung wird zeitweise als Ruhe- und Brutstätte von Vögeln genutzt, der Mulm
bietet Lebensraum für Insekten usw.

Als Maßnahme sollte ein Kronensicherungsschnitt bzw. eine starke Kroneneinkürzung ggf. in Verbindung mit dem Einbau von Kronensicherungen erfolgen.
Hierbei handelt es sich um eine Sondermaßnahme, die nur in begründeten Ausnahmenfällen
durchgeführt werden sollte.

[…] die Einkürzung von Kronenteilen, die Kroneneinkürzung und der
Kronensicherungsschnitt sind Sondermaßnahmen, die das Erscheinungsbild des Baumes erheblich verändern. Es gehen große Teile des Kronenvolumens verloren und durch das Abschneiden von Grob- und Starkästen besteht die Gefahr der Fäulnis, wodurch der Baum geschwächt und in seiner Lebenserwartung eingeschränkt wird. Sind diese Maßnahmen wegen der Vekehrssicherheit oder aus sonstigen Gründen notwendig, eine Erhaltung des
Baumes jedoch gewollt, sollten sie unter Berücksichtigung eines weitgehend arttypischen Habitus und der physiologischen Erfordernisse des Baumes erfolgen. […]

Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege 2006, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL), Bonn

Im konkreten Fall kann der mittlere Stämmling auf etwa zehn Meter Höhe abgesetzt werden. An
dieser Stelle gibt es bereits einige untergeordnete Zweige. Die Stämmlinge zu den Seiten sollten
entsprechend dem Habitus in etwa gleicher Länge eingekürzt werden. Sofern möglich sollte auf
Versorgungsast geschnitten werden und vitalere Äste erhalten bleiben. Zusätzlich können die
Seitenäste durch den Einbau von dynamischen Kronensicherungen gegen Ab- oder Ausbruch
gesichert werden.

Natürlicherweise würden im Altbaum immer wieder Stämmlinge und Kronenteile absterben und
abbrechen. Der Baum treibt stellenweise wieder aus und bildet dadurch eine Sekundärkrone,
wobei sich die Gesamthöhe und das Kronenvolumen reduzieren. Im vorliegenden Fall wird dem
natürlichen Prozess vorgegriffen, um einen verkehrssicheren Zustand zu gewährleisten.

Die Entscheidung zu dieser Maßnahme viel mir nicht leicht, zumal ich gegen Kroneneinkürzungen bin. In diesem Fall ist es eine Alternative zur Fällung, die Eiche kann so dennoch Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte erhalten bleiben. Die Maßnahme und die Gründe dafür sollten auch in der Nachbarschaft kommuniziert werden, um unbegründete Einkürzungen oder Kappungen zu verhindern.


Kommentare

  1. Eine Verbolzung des Stammkopfes und Einbau von entsprechenden Kronensicherung-, en ist nicht möglich?
    So könnte der Baum ev. in seiner gänze erhalten bleiben oder sind die Bruchsicherheitswerte so schlecht?

  2. Hallo,

    ich finde es toll, dass man hier mal offen über Gutachten bzw. daraus resultierende Maßnahmen diskutieren kann.
    Eventuell wäre aus meiner Sicht auch ein Zugversuch zur Beurteilung der Schadstelle noch ganz sinnvoll, das ist aber schwer zu beurteilen ohne den Baum zu kennen.
    Was mir sehr gut gefällt, dass eine offene Kommunikation angestrebt wird. Vielleicht schaffen wir es irgendwann mal, dem gemeinen Bürger mehr über Bäume beizubringen, dass „viel wegschneiden“ nicht „sicherer Baum“ oder „weniger Laub“ heist….
    Grüße
    Heiko

    1. Ein Zugversuch wäre hier wahrscheinlich aufgrund der Platzverhältnisse schwierig und somit teuer geworden (die Schalltomographie war schon schwierig).

      Freut mich, dass der Beitrag gefällt und der Einblick in die Arbeit ankommt.

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